Das Recht zu Spielen

Warum der Satz: "Die spielen doch nur." einmal überdacht werden sollte

Dass Kinder vor dem Grundschulalter die meiste Zeit spielen und ausschließlich Dinge machen, die sie spannend finden, ist in Deutschland und den meisten westlichen Ländern alltäglich. In unserem Bildungssystem geht ein großer Teil des Tages für Schule und Hausaufgaben drauf.


Wusstest Du, dass Spielen ein Kinderrecht ist? Kinder haben in vielen Ländern tatsächlich ein Recht darauf, zu spielen! Deutschland hat 1989 die UN-Kinderrechtskonvention unterschrieben und damit unter anderem Kindern ein Recht aufs Spielen zugesprochen.

 

Spielen ist eben nicht ausschließlich zum Zeitvertreib da und auch keine sinnfreie Beschäftigung. Im Prinzip gilt der Grundsatz „Viel spielen ebnet den Weg in ein erfolgreiches Leben!”

Lernen durch Spielen?

Spielen ist der wichtigste und schönste Teil des Tages für Deine Kinder. Nicht nur das Spielen mit Spielzeug oder Gesellschaftsspielen, sondern jeder einzelne Alltagsvorgang wird in Spiele eingebunden und dadurch zu einem wichtigen Moment für die Entwicklung Deines Kindes.

 

Kinder eigenen sich ihr Wissen über die Welt Schritt für Schritt an. Es gibt viele Dinge, die sie noch nicht gesehen, erlebt oder verstanden haben. Gerade das mag der Grund dafür sein, dass viele Erwachsene die Sinnhaftigkeit des Spielens nicht nachvollziehen können. Aber Kinder können im Spiel ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen verfolgen und sich einen eigenen Zugang zu Herausforderungen in ihrem Tempo und ihrem Wissensstand schaffen.

 

Ein sehr aktuelles Beispiel ist das Hände waschen. Wir alle haben uns noch nie so oft die Hände gewaschen, wie zurzeit. Nur diese für uns simple Aufgabe kann für Dein Kind schon zu einem wichtigen Entwicklungsmoment werden.

 

Überleg Dir einmal, wie viele Fragen man sich zum Händewaschen stellen kann, wenn man sich noch nicht ausreichend mit den vielen Phänomenen während des Händewaschens auseinandergesetzt hat.

 

Woher kommt das Wasser? Wie kalt oder warm kann ich das Wasser machen und wie fühlt es sich an? Was passiert, wenn ich den Hahn zuhalte? Wie viel Wasser passt in unser Waschbecken? Wie hört sich Wasser an? Wie fühlt es sich an?

 

So viele Fragen einzig über das Händewaschen und es gibt noch so viele mehr! Jetzt versteht man vielleicht noch viel besser, warum daraus schnell eine wilde Planscherei und ein tolles Spiel werden kann.

 

Neben dem Erforschen neuer Dinge stellen Kinder beim Spielen ihre eigene Wirksamkeit fest. Sie erleben sich als selbstwirksam. Kinder testen beim Spielen auch immer ihre Grenzen aus und suchen sich selbst Ziele, um diese zu verfolgen.

 

Es scheint für Erwachsene so selbstverständlich, die Wirkung auf ihre Umwelt zu kennen. Aber stell dir vor, zwei Jahre lang haben immer nur Mama oder Papa den Wasserhahn für Dich angemacht und plötzlich stellst Du fest, dass Du das auch selbst kannst und fragst Dich, warum Du es nicht selbst probieren durftest?

 

Genau deshalb ist es so wichtig, dass Du Dein Kind spielerisch die Welt entdecken lässt!

 

Egal ob drinnen, draußen, gemeinsam oder allein – Für Kinder bedeutet Spielen immer zu forschen, zu testen, zu denken, zu entdecken, zu reden, zu fragen, zu finden und zu lernen!

Zu einer Gemeinschaft durchs Spielen

Abgesehen von der motorischen Komponente des Spielens, gibt es noch die emotionale Ebene.

 

Beim Spielen lernen Kinder viel über zwischenmenschliche Beziehungen und ihre Entwicklung sowie Dynamik. Sie stellen fest, dass auch andere Menschen oder Kinder ihre Interessen teilen. So lernen sie, sich über diese Dinge auszutauschen, von anderen zu lernen oder anderen etwas zu zeigen. Sie erleben Freundschaft, Streit, Interaktion und Versöhnung. Hierbei ist es nicht mehr entscheidend, was und mit wem gespielt wird. Kinder entscheiden bei der Wahl ihres Spielpartners nicht nach Alter, Geschlecht, Ethnie, Religion oder Hautfarbe.

 

Durch gemeinsames Spielen erleben Kinder verschiedene Herangehensweisen und Lösungswege. Sie erweitern ihr Wissen auf spielerische Art und Weise. Die Empathie spielt beim gemeinsamen Spiel eine wichtige Rolle.

 

Wo es zu Beginn noch schwer fiel, sich in andere hineinzuversetzen, verstehen Kinder mit der Zeit, dass nicht jeder Mensch gleich ist und nicht alles kann oder können muss. Kinder lernen: „Ich kann anderen etwas zeigen und andere können mir etwas zeigen. “Wir spielen nicht gegeneinander, sondern miteinander und lernen voneinander.”

 

Eine Situation auf dem Spielplatz, die wir alle kennen, ist das Schaukeln.

 

Bis Kinder die Kraft und Koordination besitzen, sich auf der Schaukel selber Anschwung zu geben, braucht es seine Zeit. Und auch das funktioniert nur durch Übung. Bei der Situation, um die es geht, kann das eine Kind schon von ganz alleine schaukeln. Das andere hingegen noch nicht. Dieses ist oftmals schnell frustriert und möchte Anschwung haben. Was man dann beobachten kann:  das andere Kind steigt von der Schaukel ab und hilft dabei. Dieses Kind hat ein ausgeprägtes Maß an Empathie! Es weiß, wie man sich fühlt, wenn Dinge nicht funktionieren. Ein weiteres Kind kommt nun noch dazu und versucht dem schaukelnden Kind zu erklären und zu zeigen, wie man die Beine und Oberkörper bewegen muss, um die Schaukel in Bewegung zu setzen.

Auch wenn die aktuelle Situation nicht immer zulässt, dass Dein Kind mit anderen Kindern interagiert, während es spielt, versuche diese Situationen trotzdem nicht zu unterbrechen! Fördere und bestärke Dein Kind, von anderen Kindern zu lernen oder diesen auch zu helfen.  Für die Kinder steht ausschließlich das Spiel im Fokus! Das Lernen passiert ganz von allein, voller Freude und mit ganz viel Spaß.

Mittels Spielen zu einem gesunden Körpergefühl

Jedes Kind entdeckt im Spiel nicht nur seinen eigenen Körper, sondern auch seine Sinne. Somit kann spielerisch lernen, wie die Körperwahrnehmung funktioniert.

 

Hierbei ist es oft entscheidend, dass die Eltern ebenfalls ein offenes und gesundes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper haben, damit sie ihre Kinder nicht davon abhalten, ihren Körper zu entdecken. Von vielen Erwachsen wird dies fälschlicherweise vorschnell mit zu früher Sexualität verglichen.

 

Körperwahrnehmung findet auf drei Ebenen statt. Die erste ist die Erfahrung, wie der eigene Körper reagiert und sich verschiedenste Gegenstände, Menschen und Materiealien anfühlen können. Ein klassisches Beispiel dafür ist das Spielen im Sand. Der Sand auf dem Spielplatz kann sich durch Wasser, Sonne oder andere Einflüsse jederzeit verändern und unterschiedlich anfühlen. Er kann mit den Füßen, Händen, sogar mit dem Mund probiert werden. Schmeckt nur meist nicht so gut. 😉

 

Die zweite Ebene ist die Erfahrung mit und am eigenen Körper. In diesem Fall kommt nun tatsächlich die sexuelle Entwicklung des Kindes ins Spiel, welche bereits im Mutterleib beginnt.

 

Sigmund Freud teilt die sogenannte psychosexuelle Entwicklung des Kindes in fünf Phasen ein. Es handelt sich hierbei um die orale Phase (1. Lj.), anale Phase (2.-3. Lj.), phallische Phase (3. – 6. Lj.), Latenzphase (6. – 11- Lj.) und genitale Phase (ca. ab dem 12. Lj.).

 

Für viele Eltern hört sich dies erst einmal erschreckend an, wenn man ihnen erklärt, dass auch Kinder schon eine Sexualität haben. Dennoch steht der Begriff nicht im Zusammenhang der Erwachsenen Sexualität!

 

Noch einmal kurz und bündig erklärt:

In der oralen Phase nehmen Kinder gerne alles Mögliche in den Mund. In der analen Phase interessiert sie sich für ihre Ausscheidungen und lernen, dass sie dies selbständig kontrollieren können. In der phallischen Phase erkunden sie ihre Genitalien und interessieren sich auch für den Unterschied der Geschlechter. In der Latenzphase verlieren Kinder oft komplett das Interesse an Sexualität und einem anderen Geschlecht. In der  Pubertät oder auch der genitalen Phase kehrt es wieder dann wieder ins Gegenteil.

 

Jetzt stellt sich die Frage: "Was hat das alles mit Spielen zu tun?"

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All diese Phasen erlebt ein Kind mit Hilfe von verschiedenen Arten des Spielens oder als Nebenprodukt in der alltäglichen Interaktion. Ein Beispiel, was Du mit Deinem Kind sicher auch schon erlebt hast: Ihr spielt mit Lego oder Bauklötzen und jeder zweite Stein wird in den Mund genommen und angeknabbert. Das Kind erforscht hier spielerisch mit Lippen, Zunge und dem gesamten Mund seine Umgebung und lernt, wie sich etwas anfühlt.

 

Ein Beispiel zur analen Phase kommt Dir sicher auch bekannt vor – Kinder interessieren sich dafür, wie ihre Ausscheidungen in der Windel aussehen oder auch die ihrer Eltern. Sie thematisieren ihren Kot oder Urin. Und natürlich solltest Du Dein Kind nicht mit Exkrementen spielen lassen.

Eine relativ verbreitete Methode ist aber, braune Knete oder braue Fingermalfarben in eine frische Windel zu packen. So kann sich Dein Kind mit dem Thema Ausscheidungen sicher beschäftigen und etwas über Hygiene lernen. 

Die dritte Ebene ist das Bewegungsspiel allein oder auch mit andern. Kinder, die sich früh viel bewegen, leben nicht nur gesünder, sondern entwickeln auch eine intensivere Wahrnehmung ihres Körpers. Damit lernen sie, sich und ihre Fähigkeiten einzuschätzen. Auf einen Baum klettern, die Treppen selbständig hoch und runterlaufen, sich durch große oder kleine Räume bewegen, all das unterstützt die Entwicklung.

Spielen weckt Begeisterung

Beobachten wir Kinder beim Spielen, werden wir immer dasselbe feststellen. Sie befinden sich in ihrer ganz eigenen Welt, während sie spielen und sind mit Elan und Begeisterung dabei. Sie lernen, sich zu konzentrieren und selbstständig ihre Welt anzueignen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass jedes Kind auf seine ganz eigene Art und Weise spielt und hier keine Norm angelegt werden sollte. Begeisterung ist wohl hier der wichtigste Schlüssel zum Lernen. Vielleicht kennst Du das von Dir selbst, dass Du Sachen mit Begeisterung schneller lernst und auch lieber machst. Hierzu ein kleines Beispiel, wie Du Dein Kind dabei unterstützen kannst, Dinge dennoch zu lernen, die es nicht mit Begeisterung macht. Oft sind es alltägliche Sachen, wie Schuhe zubinden oder das Schließen des Reißverschlusses, wo Erwachsene aus Ungeduld oder Zeitdruck den Kindern die Erfahrung des Selbstmachens oft nehmen. Dadurch verlieren Kinder schnell die Begeisterung oder entwickeln schlimmstenfalls Ängste etwas auszuprobieren. Hierbei kann Euch eine Aktiv-Wall oder Aktivitäten-Wand helfen. Es werden alltägliche Gegenstände befestigt, so dass Dein Kind freien Zugang dazu hat. Jetzt hat dein Kind jederzeit und unabhängig von Dir die Möglichkeit, seine Fähigkeiten spielerisch zu trainieren. Dies Aktivitäten-Wand kann auch super für Motorik Spiele verwendetet werden.

 

Denk daran: “Gib Deinem Kind die Möglichkeit über sich hinauszuwachsen!”

Die Spielentwicklung und ihre Bedeutung

Nicht zu vernachlässigen sind natürlich die verschiedenen Spielformen, die von der Entwicklungspsychologie und der Spielpädagogik unterschieden werden. Für eine kleine Übersicht haben wir Dir im Folgenden die Spielformen zusammengefasst und kurz erklärt.

 

Einige Spielformen können parallel zueinander verlaufen, sich mit dem Alter weiter zu entwickeln oder untereinander zu fördern. Die Kategorien bauen teilweise aufeinander auf, sind aber nicht immer klar voneinander abzugrenzen.

 

Die Spielformen sind:

• Das Funktionsspiel (Sensomotorisches Spiel)

• Das Konstruktionsspiel

• Das Rollenspiel

• Das Regelspiel

• Das Bewegungsspiel

 

1. Funktionsspiel

Das sensomotorische Spielen, auch Funktionsspiel genannt, ist die erste Form des Spielens. Im Mittelpunkt steht der eigene Körper. Bei Säuglingen sind erste Anzeichen dieser Spielformen das Bewegen der Arme und Beine als auch die Wahrnehmung dieser Bewegungen. Darauf folgt dann das Greifen oder Werfen und die Untersuchung von Gegenständen mit Händen, Füßen, Mund und allem, was möglich ist. Bei älteren Kindern ab circa einem Jahr kann das Konstruktionsspiel mit Hilfe von Dreirad, Nachziehspielzeugen, Fahrrad, Schaukel oder Wippe unterstützt werden.  Kinder erfahren hier das erste Mal, dass sie ihre Umwelt beeinflussen können.

 

2. Konstruktionsspiel

Die Fortführung des Funktionsspiels ist das Konstruktionsspiel. Nachdem Kinder sich voll umfänglich mit einem Gegenstand auseinandergesetzt haben, gehen Sie dazu über, seine Funktion zu erkennen und gezielt mit dem Gegenstand zu arbeiten. Hierbei werden kognitive Fähigkeiten geschult.  Beim Bauen mit Lego, wo zu Beginn die Beschaffenheit der Lego Steine erkundet wird.  Schnell stellt man fest, dass sich die Steine ineinanderstecken lassen, um Figuren zu entwerfen. Hier wird also „konstruiert“. Das Konstruktionsspiel sollte zu Beginn ohne Vorgaben stattfinden. Später kann dem Kind auch eine Möglichkeit gegeben werden, sich an Vorlagen zu orientieren.

 

3. Rollenspiel

Beim Rollenspiel werden Nachahmungen von erlebten Situationen oder das Durchspielen von Träumen und Phantasien ausprobiert. Die Kinder erproben hierbei Handlungen, Gefühle und zwischenmenschliche Beziehungen, um ihre Erfahrung aus dem Spiel später in die echte Welt übertragen oder Erfahrungen aus der echten Welt verarbeiten und einordnen zu können. Bei kleinen Kindern findet man Rollenspiele oft nebeneinander her oder auch allein. Größere Kinder hingegen spielen zusammen meist schon koordinierter und sprechen ihr Spiel miteinander ab.

 

4. Regelspiel

Die Regeln und der Ablauf eines Spiels sind hierbei vorgegeben und gelten für alle Mitspieler.  Dadurch entstehen die Voraussetzungen und die Bereitschaft, diese auch einzuhalten. Regelspiele sind meistens erst ab einem Alter von 2,5 Jahren realisierbar. Voraussetzungen hierfür sind viele verschiedene Dinge, die ein Kind vorher gelernt haben sollte. Diese Voraussetzungen beinhalten kognitive, sprachliche, soziale, feinmotorische und emotionale Kompetenzen. Auch der Umgang mit Gefühlen ist hier entscheidend, da es bei einem Regelspiel meist Gewinner und Verlierer gibt und sich ein Kind mit seiner Frustrationstoleranz konfrontiert sieht.

 

5. Bewegungsspiel

Das Merkmal des Bewegungsspiels ist oft, wie beim Regelspiel, dass Regeln festgelegt werden. Ansonsten liegt der Lernschwerpunkt in den motorischen Bereichen, also den koordinierten Bewegungen des Körpers. Bewegungsspiele können verschiedene Schweregrade haben und sind ab einem Alter von zwei Jahren zu beobachten. Hierbei kann Fein- wie auch Grobmotorik gefördert werden. Die Feinmotorik beinhaltet zum Beispiel das Schneiden mit einer Schere und die Grobmotorik, das Krabbeln oder Laufen.

„Spielen ist die Lernform der frühen Kindheit – zwischen Spielen und Lernen ist in dieser Lebensphase kein Unterschied. Durch Spielen sammelt das einzelne Kind“ (Spielen – die besondere Lebensform in der frühen Kindheit, Ina Schenker)

 

 

 

Bei all den genannten Beispielen in diesem Beitrag müssen gerade wir Erwachsenen darauf achten, den Kindern genug Raum und Zeit zum Spielen zu geben. Das lebenslange Lernen hört auch im Alter nicht auf, nur die Sichtweise darauf ändert sich.

Erzähle uns gerne, wie Du Dein Kind beim Spielen unterstützt!

 

Sophie und Janine
von Deine Kinderbetreuung

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